SIE …ist wieder da.

Es ist unglaublich, lange war sie weg für mich. Und dann kommt dieses blöde Schreiben von der Krankenkasse und alles ist wieder wie früher… Ich will das nicht!

Der Antrag für die Verlängerung meiner Psychotherapie wird einem Gutachter vorgelegt, der entscheiden soll, ob ich noch länger eine Therapie brauche oder nicht. Kann sein, dass das das normale Procedere ist. Ich weiß es nicht. Ich bin von einem Moment auf den anderen wieder vom Urteil eines Fremden (Gutachter = Autoritätsperson, hat was zu sagen, ich muss mich unterwerfen) abhängig. Was das in mir auslöst, weiß er nicht.
Die Psychotherapie ist mein Strohhalm, mein Halt, meine Basis, auf der ich momentan einigermaßen gut leben kann. Wenn die wegfallen sollte, werden die momentan manchmal vorhandenen schwarzen Schleier wieder zur absolut schwarzen Realität. So stabil, dass ich den positiven Zustand selber halten könnte, bin ich noch nicht.

Die Therapeutin hat gerade Urlaub, noch zweieinhalb Wochen. Sie sagte, wenn was wäre, könnte ich ihr auf den AB sprechen oder eine E-Mail schreiben. Eigentlich möchte ich ihr eine Mail schreiben, den Brief von der Krankenkasse einscannen und mitschicken und fragen, ob das so der normale Gang der Dinge ist. Ich kann und will nicht zweieinhalb Wochen warten und mich selbst im Gedankenkarussell und der Zange der Angst selbst zerfleischen. E. sagt, das mit der Mail ist eine gute Idee.

Und dann kommt SIE. Meine Mutter. Ich höre sie in meinem Kopf. „Wegen so einer Lappalie kannst du doch die Frau nicht in ihrem Urlaub stören!“, „Reiß dich mal ein bisschen zusammen!“, „Das kannst du nicht machen!“, „Mach dich doch nicht lächerlich!“ Und ich bin wieder das kleine Kind, das solche Angst hat vor dem, was kommen könnte. Und da ist wieder diese über allem stehende Mutter, die alles mit dem Verstand löst und NULL Einfühlungsvermögen für dieses kleine Kind hat. Die es NICHT tröstet, die das kleine Kind NICHT in den Arm nimmt und beschützt, die seine Gefühle verurteilt.

SIE soll weggehen! Ich bin schon groß! Ich kann das alleine! Ich will ihre Unterdrückung nicht!
Aber da ist diese Erinnerung. „Du bist alleine doch gar nicht lebensfähig.“ (Das hat übrigens mein Vater gesagt, als ich Mitte 20 war.)

Ich brauche diese Therapie, die mir die Sicherheit gibt, dass meine Mutter Vergangenheit ist und ich über mein Leben selbst bestimmen kann. Ich weiß es ja, ich bin ja „schon groß“, aber das Kind in mir ist noch zu stark und das Erwachsenenwissen nicht gefestigt. Und jetzt soll ein Gutachter, der mich nichtmal kennt, darüber entscheiden, ob ich diese Therapie noch brauche? Irgendwie ist das genauso krank, wie ich mich gerade fühle.

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32 Kommentare zu „SIE …ist wieder da.

  1. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr Erniedrigungen von Früher das gegenwärtige Leben noch prägen können. Aber, mach es einfach, den Brief einscannen und per Mail schicken. Vor allem, wenn Deine Therapeutin es Dir angeboten hat, wird sie es wohl eher nicht als störend empfinden.
    Ein schönes Wochenende trotzdem noch und Kopf hoch. 🙂

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    1. Danke, liebe Jaqueline! Ich werde es tun, allerdings gönne ich uns allen das Wochenende und schicke die Mail erst am Montag ab. Das mit dem Wochenende ist auch meine ganz eigene Meinung.
      Ja, ich denke mir, dass du es verstehen kannst, habe ja schon einiges bei dir gelesen. Es ist wirklich nicht schön, sowas. Ich möchte es endlich hinter mir lassen. Gelingt dir das denn immer?

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        1. Ah, das wusste ich nicht. Eine Gesprächstherapie hatte ich vor ein paar Jahren auch. Jetzt habe ich eine Verhaltenstherapie. Aber die Reihenfolge ist schon okay, man muss ja auch erstmal verstehen, was los ist, bevor man sein Verhalten ändern kann. Auf jeden Fall ist es ein langer Weg…

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  2. Deine Therapeutin hat es Dir angeboten, und ich finde nichts dabei, in dieser für Dich aussergewöhnlichen Situation diese Hilfe anzunehmen. Also los, rede Dir kein schlechtes Gewissen ein! Mach einfach. 🙂
    Es ist immer ein Graus, von einem Gutachter „abhängig“ zu sein. Egal, ob das nun so ein Fall wie bei Dir ist oder „nur“ jemand, der darüber entscheidet, ob man eine Pflegestufe bekommt oder nicht. Von einer Momentaufnahme kann so Vieles abhängen, und das finde ich sehr fragwürdig. Um so mehr – wenn Du Hilfe von Deiner Therapeutin bekommen kannst, nimm sie an. Du hast doch nichts zu verlieren.
    Liebe Grüsse
    Herr B.

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    1. Danke, lieber Herr B. Vom Kopf her ist mir das auch so bewusst und genauso werde ich es machen. Aber wenn diese beschriebenen Gedanken kommen, dann bin ich total verunsichert und fühle mich wie ein unartiges Kind, das bestraft wird, wenn es nicht auf die Mutter hört.
      Mir hat das Schreiben des Beitrags sehr gut getan, auch das ist ein Stück Therapie für mich. Danach wusste ich wieder, wo der Hase langläuft. (Oder der Fuchs, kicher)

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  3. Bitte schreibe Deiner Therapeutin, wann es für Dich passt. Sie ist erwachsen, hat Urlaub, wird Dir antworten, wenn es für sie passt, vielleicht auch in zwei Wochen.
    Ich habe lange Therapie gelebt und auch Zeiten erlebt, in denen ich meiner Therapeutin gemailt ohne umgehende Antwort von ihr. Oft hat mir das geholfen, danach etwas anders zu sehen.
    Was für Dich stimmt? Nur Du kannst das entscheiden.
    Dir wünsche ich, Stimmiges zu finden.

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    1. Vielen Dank für den Zuspruch. Ich werde ihr am Montag schreiben. Morgen ist noch Wochenende, auch für mich. Mit dem Bewusstsein, diesen Plan umzusetzen, fühle ich mich erstmal besser.
      Hier darüber zu schreiben, hat mir auch geholfen. Die Gedanken sortieren… Und dann die Kommentare, so ermutigend.
      Danke!

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      1. Wir sind wenigen Stunden später mit Zelt und Rädern aufgebrochen.Das Stürmchen war längst abgeflaut, der angekündigte Starkregen ist ausgefallen. Als das Zelt stand, habe ich mich im Schatten auf die Wiese gelegt und gepennt, bis die Cousine mich zum Essen weckte.

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    1. In erster Linie sehe ich meine Mutter als gnadenlos, dass sie mir nicht das Rüstzeug mitgegeben hat, mit diesem Verwaltungsakt normal umzugehen. Dass dieser zusätzlich noch gnadenlos ist, steht außer Frage.

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              1. aber dir muss doch bewusst sein, dass eine psychotherapie (auf kosten der krankenkasse) nicht ewig gehen kann.
                wie du das machen kannst, weiß ich nicht. da müssen dir menschen aus deinem näheren umfeld zur seite stehen.

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                1. Sowas wie in deinem letzten Satz hier habe ich echt noch nicht gelesen. Wenn mein Umfeld in der Lage wäre mir zu helfen, wäre es zu der ganzen Situation (und hier meine ich nicht nur dieses olle Schreiben) überhaupt nicht gekommen!

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                  1. meinst du? das würde ja bedeuten, dass auch die menschen, die du lieb hast (eric?), dir nicht helfen können oder wollen. und wahrscheinlich hast du auch ein paar freundinngen oder wohlgesonnene bekannte. man muss sich freilich auch helfen lassen. sich an eine psychotherapie zu klammern, kann nur in die hose gehen.
                    auf einem blog lassen sich solche probleme sowieso nicht lösen. man muss da mit unsensiblen oder auch doofen kommentaren rechnen.

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                    1. tut auch nicht not.
                      für meine probleme bin ich selbst verantwortlich, und die bewältige ich auch selbst. so gut wie möglich.
                      wenn mir menschen nicht gut tun, dann distanziere ich mich von ihnen und jammere nicht ewig rum.

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  4. Liebe Hoffende, der Gutachter muss sich in seiner Entscheidung doch aber auf Etwas beziehen. Sicher schreibt deine Therapeutin da einen Bericht, in dem sie dann eine Fortsetzung der Therapie empfiehlt und für nötig hält. So kenne ich das von meinem Bekannten…

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    1. Danke für die Info. Soviel stand halt nicht drin in dem Schreiben. Zu wenig Information für mich… Da klang es dann eher nach einer Beurteilung nach Aktenlage.
      Zum Glück haben wir den Antrag vor dem Urlaub gestellt, es sind jetzt noch 4 Stunden offen. In der Zeit tut sich hoffentlich was.

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  5. Mach dir keinen Kopf und wende dich einfach an deine Therapeutin. Das wird wohl ein Routinevorgang sein 🤔
    Bzgl. Deiner Mutter, versuche dich nicht stressen zu lassen – sie hat da wirklich keine Ahnung von.
    Ist schwer – ich spreche da aus Erfahrung 😱
    LG
    Monika

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    1. Vielen lieben Dank! Ich hoffe auf einen Routinevorgang.
      Was meine Mutter betrifft, da arbeite ich ja dran. Mit meiner Therapeutin ist es sehr konstruktiv und erfolgreich. Aber eben noch nicht fertig. Danke für dein Verständnis. 😊

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      1. Hätte ich je eine Therapie benötigt, dann wegen ihr.
        Zum Glück habe ich einen liebevollen Ehemann, der eine ähnliche Erfahrung hat. So habe ich es im Laufe der Jahre geschafft das sie keine Macht mehr über mich hat.
        Anschreien muss ich sie trotzdem gelegentlich. Sonst reagiert sie in ernsten Situationen nicht. Sie ist es nicht gewohnt das sachlich mit ihr gesprochen wird.
        Traurig, aber ihr Problem – nicht meins.

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