Es dauerte 3 Monate, bis ich einen Termin in der anderen Nierenpraxis bekam. Nach all der verstrichenen Zeit bis zur Entdeckung des Nierenschadens schien mir das aber nicht mehr wichtig zu sein.
Ich nahm auch nur die Hälfte der verschriebenen Medikamente ein, v.a. Blutdrucksenker, aber nichts von dem, wo in der Packungsbeilage als eine der häufigsten Nebenwirkungen „Kopfschmerzen“ stand.
Die Zeit bis zum Termin im Februar 2009 war eine Leidenszeit wie die vorherige. Nur dass ich jetzt auch mit mir unbekannten Ängsten zu kämpfen hatte. Jeden Tag Kopfschmerzen, jeden Tag Angst. Der Blutdruck wurde minimal besser, aber mir wurde immer noch schnell schwarz vor Augen und mir fehlte die Luft.
Mein neuer Arzt hatte gerade erst zwei Monate in der Praxis verbracht und kam frisch von der Uni. Mit ihm waren nun 3 Nierenärzte dort. Er untersuchte mich sehr gründlich (Blut, Urin, Ultraschall), las sich den Abschlussbericht der anderen Praxis durch. Die Prognose des vorherigen Arztes „Dialysepflicht in mindestens einem Jahr“ kommentierte er mit: „Es könnte so kommen, aber wir probieren es jetzt erstmal mit Tabletten.“
Kein weiteres Wort von Dialyse. Kein Vorwurf, dass ich die anderen Tabletten nicht genommen hatte. Komplette Neueinstellung der Medikamente mit Rücksicht auf Migräne und Kopfschmerzen. Dafür aber absolutes Schmerzmittelverbot. Das war ein Hammer! Ohne Schmerzmittel würde ich noch mehr leiden… Aber das war die Bedingung für den Neustart. Ich wollte mich daran halten.
Nach diesem Besuch fühlte ich mich seelisch sehr viel besser! Jemand nahm mich ernst und ich sah wieder eine Perspektive.
Allerdings hatte ich nun auch einen Termin im Krankenhaus für eine Nierenbiopsie. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe entnommen (Betäubung, Stich in die Niere, 6 Stunden auf einem Sandsäckchen liegen). Dadurch sollte herausgefunden werden, warum meine Nieren ihren Dienst versagten.
Der Aufenthalt im Krankenhaus war für mich der allererste und sehr schlimm. Ich musste den ganzen Tag nüchtern sein, auch ohne jegliches Getränk. Die Biopsie fand erst ca. 16 Uhr statt. Danach durfte ich trinken. Erst wenn der folgende Urin untersucht und blutlos wäre, dürfte ich etwas essen. Ich trank, soviel ich konnte. Aber dann wartete die Bettpfanne auf mich, aufstehen durfte ich nicht, nichtmal hinsetzen. Und es ging nichts. Trotz laufenden Wasserhahns, laufender Dusche, was sonst unweigerlich das Pipimachen anregt – bei mir kam nix raus. Erst als meine Bettnachbarin am Abend zu einer Untersuchung gebracht wurde, gelangen mir ein paar Tropfen, die untersucht werden konnten. Um 22 Uhr bekam ich etwas zu essen. Um die Zeit ging es mir schon äußerst schlecht und ich weinte mir in der folgenden Nacht die Augen aus. Aufstehen durfte ich erst nach einem Ultraschall um 6.30 Uhr, der bestätigte, dass ich keine inneren Blutungen hatte. Ich war so froh, als ich das Krankenhaus verlassen durfte!
Leider hat die Untersuchung nichts gebracht, außer dass man sehen konnte, dass die kleinen Nierenkörperchen zum Großteil abgestorben (verödet) waren. Da man keinen Grund finden konnte, nahm man die hohen Medikamentendosen als eheste Ursache an. Fortan klebte an mir das Stigma „Medikamentenmissbrauch“. Ich habe dazu eine gespaltene Meinung, aber dazu komme ich ein anderes Mal.
In den nächsten Monaten ging ich regelmäßig zur Kontrolle zu meinem neuen Arzt. Ich musste jedes Mal Urin abgeben und bekam Blut abgenommen. Bei den Terminen wurden dann immer die Werte vom letzten Mal besprochen. Ich bekam zusätzliche Medikamente, z.B. eins zur Blutentsäuerung, wodurch ich nicht mehr nach jeder Mahlzeit mehr Kopfschmerzen bekam. Außerdem musste ich anfangen, mich einmal wöchentlich selbst zu spritzen (in den Bauch), um wieder genügend Sauerstoff im Blut transportieren zu können. Mir ging es damit ein Stück weit besser.
Etwa ab dem dritten Besuch schon erzählte mir der Arzt einiges über Nierenersatzverfahren und speziell über die Dialyse, erstmal nur informatorisch. Ich erfuhr, dass es gar nicht nur die bekannte Dialyse an der Maschine gäbe, sondern auch eine, die man ohne Geräte zu Hause machen könnte und bei der man 24 Stunden durchgängig entgiftet würde. Diese letztere Form hielt er für mich für angebracht, weil ich auf Veränderungen jeglicher Art immer mit Kopfschmerzen reagierte und die Entgiftung nur aller zwei Tage jeweils ein starkes Auf und Ab der Blutwerte erzeugen (und damit sicherlich für Kopfschmerzen sorgen) würde.
Mit kleinen Skizzen, die er selber zeichnete, erklärte mir der Arzt, wie die sogenannte Bauchfelldialyse funktioniert. Ich habe es anfangs nicht richtig verstehen und mir merken können und weiß nicht mehr, bei wievielen Terminen er immer wieder diese kleinen Bildchen zeichnen musste! Es gab mir einfach Sicherheit und erzeugte bei mir Vertrauen, dass er wusste, was er mir empfahl.
Anfang Sommer 2009 waren meine Blutwerte so schlecht, dass nun doch in absehbarer Zeit die Dialyse notwendig wurde. Ich hatte aber noch Pläne, u.a. standen 3 Reisen auf dem Kalender. Anfang August würde ich damit fertig sein.
Der Arzt vereinbarte also für Mitte August einen Termin für mich im Krankenhaus. Für die Bauchfelldialyse ist es nötig, einen Katheter zu haben, der Flüssigkeit in den Bauch (und auch wieder heraus) leiten kann.
In den folgenden Beiträgen werde ich euch vom Krankenhausaufenthalt und von der Bauchfelldialyse erzählen.
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