Für die Etüden: Grenzlinie

Als ich meine Wohnung verlassen und umziehen musste, fand ich nur einen zu großen Ersatz. Um mir zu helfen, zog sie mit mir in eine WG. Ich wusste nichts von ihr, außer dass sie sehr nett war. Unser anfängliches Verhältnis war, im Nachhinein gesehen, von einer gewissen Unterwürfigkeit ihrerseits geprägt. Sie ging für uns einkaufen, kümmerte sich um meinen Hund, wusch Wäsche, putzte… Ich wollte das eigentlich nicht, aber sie bestand darauf. Ich nahm es hin, schließlich konnte ich mich so voll und ganz meinen Hobbys hingeben.

Doch nach einigen Monaten veränderte sich ihr Verhalten. Spätestens, seit sie mir vorwarf, zu lange mit jemand anders telefoniert und für sie nie Zeit zu haben, wurde unser Verhältnis eher ambivalent. Nach weiteren Wochen wurden aus den Vorhaltungen Beschimpfungen. Alle paar Minuten kam sie in mein Zimmer und knallte mir irgendetwas an den Kopf. Oft Sachen, die gar nicht stimmten oder völlig übertrieben waren.

Nachdem sie wiedereinmal ihren Frust durch sinnlose Einkäufe zu ertränken gedachte, schloss ich die Wohnungstür ab und nahm ihren Schlüssel an mich. Sie versuchte dann, das Schloss aufzuschrauben. Jedes Mal, wenn sie sich einer Schraube widmete, drehte ich die vorige wieder hinein. Es dauerte ewig, bis sie die Sinnlosigkeit ihrer Handlung erkannte. Als sie dann drohte, sich etwas anzutun, rief ich die Feuerwehr an. Es war eine reine Verzweiflungstat, ich wusste nicht mehr weiter. Der Notarzt sprach mit ihr einige Zeit durch die geschlossene Tür. Offensichtlich beruhigte sie sich dadurch wieder.

Nachdem ich später selbst aggressiv wurde und ihr gegen das Bein trat, lösten wir die Wohngemeinschaft auf. Wenn jemand Borderline hat, ist es nicht leicht mit dem Zusammenleben. Nach einer monatelangen Kontaktlosigkeit fanden wir aber wieder zueinander. Sie war bis zu ihrem Tod meine beste Freundin. Die Erlebnisse der Wohngemeinschaft hatten uns zusammengeschweißt, es gab kein Geheimnis mehr.

Diese Geschichte ist mein zweiter Beitrag zu den abc.etüden vom Blog Irgendwas ist immer von Christiane. Diesmal geht es um die 36. und 37. Woche und es waren die Wörter „Verzweiflungstat“, „ambivalent“ und „hingeben“ zu verwenden. Von den maximalen 300 Wörtern habe ich alle 300 verwendet.

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Freitagsfüller #541

Es ist Freitag, Zeit für den Freitagsfüller!

Der Freitagsfüller ist ein Lückentext, meine „Füllungen“ sind fett geschrieben. Das Original gibt es wie immer bei Barbara und diesen Freitagsfüller findet ihr unter diesem Link.

1. In einigen Wochen ist richtiger Herbst. Einerseits freue ich mich auf die besondere Atmosphäre und die schönen Farben. Andererseits habe ich ein Wenig Angst vor dem November, der mir gesundheitlich und stimmungsmäßig in den letzten Jahren kein Glück gebracht hat. Ich hoffe, dass das in diesem Jahr anders ist.

2. Ein blöder Spruch, der Ängste im Alltag verharmlosen soll, lautet: „Du kannst auch über die Straße gehen und wirst von einem Auto überfahren.“ Der ist ziemlich dämlich und funktioniert bei mir überhaupt nicht. Meine Lieblingsgroßtante ging morgens auf dem Weg zur Arbeit über die Straße und wurde von einem Motorrad erfasst. Sie starb. Man sollte sich schon gut überlegen, worüber man spottet und wie man das tut.

3. Ich möchte mal wissen wie es sich anfühlt, komplett unbeschwert zu sein. Meine Erinnerungen daran sind sehr blass.

4. Pfefferminztee ist mein erklärter Lieblingstee. Außer diesem und Fencheltee schmeckt mir überhaupt kein anderer. Ich bin nicht wirklich ein Teetyp, aber in bestimmten Situationen trinke ich Tee schonmal gerne.

5. Wenn ich nach rechts schaue, liegt da meine PC-Maus auf einem Mauspad mit Delfinen. Das war als Geschenk für meine Freundin Jasmin gedacht, die es nach einem gesundheitlichen Schicksalsschlag leider nicht mehr benutzen konnte. Inzwischen ist sie gestorben, aber ihr Mauspad erinnert mich jeden Tag an sie.

6. Bleib du selbst, wo immer du bist. Eine Kunst, die ich nicht gut beherrsche. Ich lasse mich viel zu schnell verunsichern und passe mich an.

7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf eine „Zock-Session“, nachdem das Internet und damit Steam letztens nicht funktionierte (nein, auch der Offline-Modus nicht), morgen habe ich geplant, liegengebliebene Hausarbeit zu erledigen und z.B. zu bügeln und Sonntag möchte ich mir selbst etwas Gutes tun und meiner inneren Stimme folgen!

Ui, das war heute mal etwas ausführlicher. Ich hatte das Bedürfnis zu vielen Ergänzungen!

Ich wünsche ich euch allen ein schönes, nicht zu verregnetes Wochenende!

PS: Wenn auch ihr den Freitagsfüller ausfüllt, dann schreibt mir eure Links zu euren Texten oder auch den ganzen ausgefüllten Lückentext gerne wieder in die Kommentare – ich finde das sehr interessant!