Meine Nierengeschichte: Bauchfelldialyse

Weiter geht es mit der Fortsetzung der Geschichte meiner Nierenerkrankung. Im letzten Beitrag hatte ich von der OP für die Bauchfelldialyse erzählt. Heute möchte ich euch erklären, was das überhaupt ist.

Die meisten von euch stellen sich unter „Dialyse“ bestimmt genau das vor, das sich in meinem Kopf auch abspielte, als ich zum ersten Mal damit konfrontiert wurde. Liege, Maschine, Nadeln im Arm, stundenlang warten. Das ganze Procedere 3x wöchentlich, also alle 2 Tage und sonntags frei. Dabei wird das Blut aus dem Körper geholt, durch eine künstliche Membran gedrückt und dadurch die Giftstoffe herausgefiltert. Danach kommt das Blut wieder zurück in die Adern. Man kann sich vorstellen, dass es lange dauert, bis das ganze Blut richtig gefiltert ist.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, das Blut zu entgiften, und die habe ich genutzt: Als Filter funktioniert hierbei das Bauchfell. Damit ist die Bauchhöhle ausgekleidet, in der sich die inneren Organe befinden. Für die Dialyse wird in die Bauchhöhle eine Flüssigkeit eingelassen, die (simpel formuliert) die Giftstoffe aus dem Blut „zieht“. Wenn die Flüssigkeit gesättigt ist, muss sie ausgetauscht werden. Für das Ein- und Auslassen hatte ich den Katheter, um den es im letzten Beitrag ging, bekommen.

Der Katheter wurde so „eingebaut“, dass er mit dem einen Ende ganz unten im Bauch lag. Ein Stück weiter oben kam er durch ein kleines Loch in der Bauchwand (den „Exit“) wieder raus. Über dieses Ende fand dann der Flüssigeitswechsel statt. Dafür braucht man keine Maschine, das funktioniert nur durch die Schwerkraft. (Wie beim Wasserwechsel im Aquarium, bei dem das eine Ende oben im Wasser und das andere unten im Eimer ist.) Einzig ein Infusionsständer war hilfreich, an den man die Beutel anhängen konnte. Erst lässt man die „alte“ Flüssigkeit in den leeren Beutel laufen, der unten hängt oder liegt, dann die neue Flüssigkeit aus dem oberen Beutel in den Bauch.

Wie das so aussieht, ist in folgendem Video ganz gut gezeigt. Wer keine Lust auf den „Vorspann“ hat, fängt einfach bei der 34. Sekunde an.

So ähnlich sah das bei mir auch aus. Ich habe das Ganze allerdings im Badezimmer auf dem Toilettendeckel absolviert, da ich dort die Tiere aussperren konnte, die damals noch hier wohnten. Für eine Teilnahme an einem Fotowettbewerb haben E. und ich das Ganze einmalig ins Wohnzimmer umquartiert, damals ist dieses Foto entstanden. Hier ist zu sehen, dass ich Handschuhe tragen musste. 4x täglich gründlichst Händewaschen und Desinfektionsmittel auftragen, das war für meine Haut zuviel. Meine Hände lösten sich zusehends auf.

Anders als im Video sollte ich die Flüssigkeit über Nacht nur maximal 10 Stunden drin lassen. Das hat mir für den Tag mehr Flexibilität gebracht, das Minimum waren 3 Stunden. Ich habe die Tage nicht so sehr geplant, sondern spontan entschieden, wann ich wechseln wollte.

Die Vorteile der Bauchfelldialyse gegenüber der Hämodialyse liegen auf der Hand:

  • man kann zu Hause bleiben und die Beutelwechsel auch in Nachtwäsche machen
  • man ist nicht mit den anderen Kranken konfrontiert
  • man wird 24 Stunden lang entgiftet, dadurch reichern sich die Giftstoffe nicht wieder im Blut an
  • über seinen Tagesablauf kann man selbst bestimmen und hat keine absolut feststehenden Termine
  • im Urlaub muss man nicht in der Nähe eines Dialysezentrums sein, das einen Platz für einen reserviert, dadurch kann man auch mal spontan wegfahren
  • man sieht das Dialysezentrum nur alle 6 Wochen, wenn es keine Probleme gibt

Nachteile gibt es allerdings auch:

  • man ist jeden Tag mehrmals mit seiner Krankheit konfrontiert
  • Lagerplatz für die ganzen Utensilien ist notwendig
  • Tagesausflüge sind schwierig
  • schwimmen und baden ist nur im Meer gestattet (Sauna gar nicht); beim Duschen soll man den Exit mit wasserdichtem Pflaster abkleben
  • es besteht die Gefahr einer Bauchfellentzündung, wenn irgendwelche Keime in den Bauch gelangen
  • der Bauch wird durch die Füllung dick und leiert aus
  • das Bauchfell „vernarbt“ durch die Beanspruchung, deshalb ist diese Möglichkeit zeitlich begrenzt

Ich habe diese Bauchfelldialyse 7 Jahre und 2 Monate lang mit 4 Wechseln pro Tag durchgeführt, auch im Urlaub oder bei sonstigen Reisen. Anfangs war es möglich, ausnahmsweise auch nur mal 3 Wechsel täglich zu machen. Am Ende der Zeit musste ich 3-mal pro Woche 5 Wechsel täglich machen, denn die Leistung des Bauchfells hatte abgenommen. Es war absehbar, dass ich entweder eine Spenderniere brauchte oder zur Hämodialyse wechseln musste.

So, das war die „Theorie“, beim nächsten Mal kommt die Praxis. Was sich erstmal gut anhört, ist im Alltag manchmal gar nicht so leicht…

Wer die vorigen Beiträge zu meiner Nierengeschichte verpasst hat, kann sie und alle weiteren unter Meine Nierengeschichte finden.

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Mittwochsfragen #12

Im Blog Geschichten und Meer habe ich die Rubrik „Mittwochsfragen“ gefunden. 1000 Fragen an mich selbst.
Hier sind die Antworten 221 bis 240.

221. Gibt es Freundschaft auf den ersten Blick?
Nein. Freundschaft setzt Vertrauen voraus und das kann ich zu mir unbekannten Menschen nicht haben.

222. Gönnst du dir selbst regelmäßig eine Pause?
Nicht regelmäßig, aber meist, wenn ich sie brauche.

223. Bist du jemals verliebt gewesen, ohne es zu wollen?
Ja, fast immer.

224. Steckst du Menschen in Schubladen?
Schubladen sind mir zu eng, ich ordne sie Kategorien zu. Manchmal passt mehr als eine.

225. Welches Geräusch magst du?
Leisen Regen.

226. Wann warst du am glücklichsten?
Als ich meine Führerscheinprüfung bestanden hatte.

227. Mit wem bist du gern zusammen?
Das ist verschieden und kommt immer auf die Chemie an. Grundsätzlich mit Menschen, die mich nehmen, wie ich bin. Bei denen ich nicht das Gefühl habe, etwas darstellen zu müssen.

228. Willst du immer alles erklären?
Ich neige dazu. Für mich will ich das auch wirklich, weil ich viel wissen will. Ich lerne gerade zu akzeptieren, dass es anderen nicht so gehen muss.

229. Wann hast du zuletzt deine Angst überwunden?
Als ich das letzte Mal zur Psychotherapie gegangen bin. Also vor einer Woche.

230. Was war deine größte Jugendsünde?
Aus einer ernsten gesellschaftlichen Zusammenkunft rausgeschmissen worden zu sein. Ich hatte einen Lachkrampf.

231. Was willst du einfach nicht einsehen?
Dass es in manchen Menschen wirklich so gar nichts Gutes geben soll.

232. Welche Anekdote über dich hörst du noch häufig?
Im Moment kann ich mich an keine mehr erinnern. Bis vor wenigen Jahren war es eine aus meiner Studienzeit, wie ich meinen Rückweg von einem Polterabend nur mit Hilfe schaffte. Naja, das erzählen die anderen. Ich kann mich erinnern, dass ich mich sehr leicht gefühlt habe und fast geflogen bin.

233. Welchen Tag in deinem Leben würdest du gern noch einmal erleben?
Keinen. Ich bin froh, dass ich alle irgendwie geschafft habe.

234. Hättest du lieber mehr Zeit oder mehr Geld?
Mehr Geld. Jedenfalls im Moment.

235. Würdest du gern in die Zukunft schauen können?
Ganz weit in die Zukunft, ja. Ich möchte wissen, wie lange die Menschheit überlebt und wie es ihr zwischenzeitlich geht. Wegen meinem eigenen Leben aber lieber nicht.

236. Kannst du gut deine Grenzen definieren?
Nein. Für mich selbst wird es gerade besser, anderen gegenüber habe ich nach wie vor Probleme.

237. Bist du jemals in eine gefährliche Situation geraten?
Das darf man mich nicht fragen – mit einer Angststörung. Mir kommen ganz viele Situationen total gefährlich vor!

238. Hast du einen Tick?
Mir ist keiner bewusst.

239. Ist Glück ein Ziel oder eine Momentaufnahme?
Stets eine Momentaufnahme.

240. Mit wem würdest du deine letzten Minuten verbringen wollen?
Mit jemandem, der mir in dem Moment gut tut und Ruhe ausstrahlt.