Es war ein Sommer in meiner Kindheit. Ich ging schon in die Schule und ich war Einzelkind. In meiner Erinnerung schien immer die Sonne und es war an jedem Tag warm. Wahrscheinlich hat mein Hirn da einige Fakten gefälscht, damit heute für mich schöne Bilder in meinem Kopf entstehen können. Acht Wochen Ferien boten viel Platz für herrliche Erlebnisse! Seltsamerweise sind von dieser so langen freien Zeit auch Mahlzeiten bei mir haften geblieben, und das sehr lebendig.
In besagtem Sommer – wir waren erst vor zwei oder drei Jahren in das neu gebaute Haus gezogen – war das Gewächshaus schon eine Zeit lang fertig. Darin wuchs außer den Gurken auch Kopfsalat. Im Garten gab es noch Tomaten, Kohlrabi, Erdbeeren und anderes Gemüse. An besonders heißen Tagen, wenn der Appetit mittags nicht sonderlich groß war, gab es einfach nur unseren Kopfsalat. Einzelne Blätter, gewaschen, in einer Schüssel mit Zitronenwasser mit Zucker überstreut. Das war ein Geschlabber! Für mich als Kind genau richtig, für meinen Vater hätte das als Hauptmahlzeit niemals gereicht.
Wenn er im August Urlaub hatte – und den hatte er jedes Jahr – fuhren wir zu meiner Oma an die Ostsee. Sehr oft verbrachten wir die Tage am Strand und an manchen Abenden gab es Räucherflundern. Bei diesen Fischen muss das Zerlegen und Essen in einer bestimmten Reihenfolge geschehen, jedenfalls bei uns. Es ist eine kleine Zeremonie, die sich über viele, viele Jahre gehalten hat. Heute darf meine Mutter leider keine Flundern mehr essen, weil sie zu jodhaltig sind. Das ist ein bisschen schade. Ich mag solche Familientraditionen.
Darum habe ich im letzten Sommer die Gelegenheit genutzt und das Wissen meiner Schwester darüber wieder aufgefrischt. Sie hatte es fast schon vergessen, aber nun kann sie es an ihre Tochter weitergeben, wenn sie alt genug dafür ist. Oder ich – das wäre am schönsten!
Diese Geschichte ist ein Beitrag zum Schreibprojekt „abc.etüden“ vom Blog Irgendwas ist immer von Christiane. Diesmal geht es um die 40. und 41. Woche und es waren die Wörter „Gewächshaus“, „jodhaltig“ und „fälschen“ in einem Text von maximal 300 Wörtern zu verwenden. Es sind heute bei mir genau 299 Wörter.
Ich bin jedes Mal gespannt, wie „jodhaltig“ untergebracht wird, damit stehe ich echt auf Kriegsfuß. 😉
Was für schöne Erinnerungen! Ich assoziiere die Sommerferien hauptsächlich mit Eis, was das Essen angeht, wenn ich so darüber nachdenke … 😁
Schön, dass du wieder mitgeschrieben hast!
Liebe Grüße
Christiane 😁👍
LikeGefällt 3 Personen
Bei mir lag das Problem eher beim Fälschen. Dazu wäre mir zwar was eingefallen, aber die anderen Worte hätten nicht gepasst.
Ja, Eis wäre auch noch toll gewesen, aber mit Gewächshaus? 🤔😂
Ach, die Etüden geben mir Gelegenheit, mal aus dem üblichen Gedankengerüst auszubrechen, das tut schon gut! Aber der Kopf muss dafür frei sein, das gelingt mir nicht immer. Trotzdem bin ich schon wieder gespannt auf die anderen Etüden und die neuen Wörter!
Liebe Grüße und hab einen guten Wochenstart!
die Hoffende
LikeGefällt 2 Personen
Eine sehr schöne Geschichte, die nicht nur jodhaltig ist, sondern auch harmonie-.
LikeGefällt 2 Personen
An bestimmtes Essen in der Kindheit kann ich mich auch gut erinnern. Wir haben damals ein Hausschwein gehabt und wenn das geschlachtet wurde, dann gab es in der Nacht immer Hackgrütze. Dafür wurden wir dann extra wach gemacht, durften die warme, frische Hackgrütze essen und dann zurück ins warme Bett. Vergesse ich nie.
Es ist schön, die Gefühlevon damals wieder aufzufrischen.
LikeGefällt 1 Person
Das freut mich, dass ich solches in dir auslösen konnte! Du hast da ja auch eine ganz besondere Situation erlebt, die mit diesem Essen verbunden ist. Danke, dass ich in Gedanken dran teilhaben durfte!
LikeGefällt 1 Person