Ich habe es getan!

Heute vor einer Woche konnte ich nicht mehr anders. Den ganzen Tag schon und die Tage davor war aus der Nachbarwohnung nur noch Geschrei zu hören. Ein Kind, das wie am Spieß brüllte und immer nach seiner Mama rief, erst fordernd, dann verzweifelt, dann bettelnd, dann frustriert und dann wie eine Maschine, das war einfach nicht normal. Oder die Mutter, die ihr Kind anbrüllte, dass es irgendwas lassen sollte oder was es schon wieder gemacht hatte oder „Wenn du das nochmal machst, dann haue ich dich!“
Ich hab’s nicht mehr ertragen.

Ich habe geklingelt. Und es öffnete – kaum zu glauben, denn von dem war bis dahin gar nichts zu hören gewesen – der Vater! Im Schlepptau die beiden Töchter, eine noch mit Tränen im Gesicht.
„Ja?“
„Kann man euch irgendwie helfen?“
„Nö, wieso?“
„Naja, es ist laut.“
„Was soll ich machen, es sind halt Kinder. Und jetzt?“
„Jetzt ist es ja ruhig.“
„Und jetzt?“
„…“
„Die Mama liegt in der Badewanne, die Tür ist zu, was soll ich machen? Es ist halt ein Mama-Kind.“
„Es geht nicht nur um jetzt. Ich habe keine Lust, das den ganzen Tag hören zu müssen.“

Das war das ganze „Gespräch“. Ich kann mich nichtmal mehr an eine Verabschiedung erinnern. Aber seitdem ist es wesentlich besser geworden. Also, es weint trotzdem immer mal ein Kind, aber das ist ja normal. Was wichtig ist: Wenn es weint, weint es nicht lange, es schreit nicht mehr so oft und lange und die Mutter selbst wird auch nur noch manchmal laut. Ich hoffe sehr, dass das mindestens so bleibt . Ansonsten gehe ich nochmal rüber.

Auf jeden Fall ist es mir gelungen,
– die Situation (wie eine Schleife, immer wiederkehrend) zu unterbrechen,
– keinen Vorwurf zu machen,
– den Erwachsenen zu zeigen, dass man außerhalb der Wohnung hören kann, was dort im Inneren vor sich geht,
– den Kindern zu zeigen, dass andere Menschen anders reagieren,
– mich selbst in der Sache besser zu fühlen.

Einfach war es nicht, denn das Austragen von Konflikten habe ich nicht gelernt. Insofern bin ich etwas stolz auf mich. Im ersten Moment habe ich mich wie ein kleiner Sieger gefühlt – weil ich selbst gewonnen habe.

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