Wörter und Worte: „das Schild oder der Schild“

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Aus gegebenem Anlass (die Wörter werden immer öfter falsch benutzt und ganz besonders im Zusammenhang mit der Artemis-Mission) muss ich hier heute mal Klarheit schaffen. Ich weiß, die deutsche Sprache ist manchmal nicht so einfach, aber gerade hierbei ist es mit einer Eselsbrücke doch sehr übersichtlich.

Es gibt im Deutschen zwei verschiedene Sorten „Schild“. Entsprechend ändern sich Sinn, Artikel und Plural (Mehrzahl).

Das Schild

Kurzversion: Das Schild ist informativ und unterhaltsam.

Etwas länger: Auf einem Schild (das, Mehrzahl: die Schilder) ist etwas draufgedruckt oder geschrieben. Das kann Schrift sein oder ein Bild oder ein Symbol. Oder mehrere davon, wie auch immer. Das Schild oder die Schilder gucken wir an und wissen danach meist etwas.

Beispiele: Straßenschilder, Verkehrsschilder, Nummernschilder, Hinweisschilder, Klingelschilder

In all diesen Fällen sprechen wir von dem Schild mit dem Artikel das. Mehrere heißen immer Schilder.

das Schild/die Schilder

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Der Schild

Kurzversion: Er schützt.

Etwas länger: Ein Schild (der, Mehrzahl: die Schilde) ist ursprünglich eine Schutzwaffe gewesen, deren Bezeichnung sich im Sinne von „Schutz“ ausgeweitet hat. Man kann auch etwas drauf schreiben oder malen (früher war es meist ein Wappen, das dem Schmuck und der Identifizierung des Gegners diente), aber der eigentliche Zweck, nämlich der Schutz, funktioniert auch ohne Verzierung.

Beispiele: Schutzschild, Wappenschild, Legionärsschild, Schildkröte

In all diesen Fällen sprechen wir von dem Schild mit dem Artikel der, mehrere heißen immer Schilde.

der Schild/die Schilde

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Ich wäre wirklich dankbar, wenn Journalisten etwas besser recherchieren würden, denn im Zusammenhang mit der Artemis-Mission vermitteln sie zwar teilweise technische Details, sagen aber immer „das Schutzschild“, und das klingelt mir in den Ohren.

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Wörter und Worte: „Die Kurve kratzen“

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„Die haben ganz schnell die Kurve gekratzt.“ Klar. Sie sind verschwunden. Abgehauen. Und zwar zügig.

Aber mal ehrlich: Eine Kurve, wie kann man die denn kratzen? So wörtlich genommen? *Kopfkino* Das war für mich der Stein des Anstoßes, mal genauer nachzuforschen. Mit dem Stein lag ich übrigens auch nicht verkehrt…

Der Usprung dieses Sprichwortes ist schon mehrere hundert Jahre alt, es stammt aus dem Mittelalter. Wir stellen uns mittelalterliche Städte vor: große Verbindungsstraßen und dazwischen enge Gassen. Aber auch diese mussten mit verschiedenen Dingen beliefert werden, sei es Material für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen oder schlichtweg Brennholz für Privathaushalte. Meistens benutzten die Lieferanten (oder auch Hausierer oder Kaufleute) dafür Karren oder Wagen, gezogen von Menschen, Hunden oder Pferden, auf dem Lande auch Ochsen. Hier liegt der Hase im Pfeffer (zu diesem Sprichwort kommen wir aber ein anderes Mal): In den engen Kurven beschädigten die Wagen gerne mal die Hausecken, weil die Radnaben der Wagenräder ein Stück herausstanden und an den Wänden hängen blieben. Um dieses zu verhindern, besorgten sich die genervten Hausbesitzer irgendwann große Steine, die sie an die Ecken legten. An diese Steine durften die Räder gerne „anstoßen“ (Stein des Anstoßes) oder an ihnen „entlangkratzen“ (Kratzsteine) – sie „kratzten die Kurve“, waren weg und hatten das Haus nicht berührt. Das war doch perfekt!

Später wurden solche Kratzsteine direkt bei der Gebäude- und Straßenbauplanung berücksichtigt und mit eingebaut. An manchen alten Häusern kann man diese Steine heute noch sehen, z.B. wie auf den folgenden Bildern, die ich zufällig in einer Straße bei mir in der Nähe entdeckt habe.

Ein Kratzstein

Links und rechts der Ausfahrt

Auch wenn heute nur noch in übertragenem Sinne die „Kurve gekratzt“ wird, ist ein klein wenig Mittelalter durch dieses Sprichwort und seine Ursprünge erhalten geblieben.

Wörter und Worte: „Sauer macht lustig!“

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„Guck doch nicht so miesepetrig. Beiß mal in eine Zitrone, dann kannst du lachen!“ – Also im Ernst, ich habe schon viele verzogene Gesichter gesehen, wenn etwas zu sauer war. Man konnte als Außenstehender auch sicher über diese Mimik lachen, aber sollte das der tatsächliche Zusammenhang in diesem Sprichwort sein? Wieso sollte sauer lustig machen?

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Wie immer ist es etwas anders, als man denkt. Es geht zwar tatsächlich um saures Essen, aber nicht um die heute bekannte Lustigkeit, bei der man lacht.

Gemeint ist die Ess-Lust, die angeregt wird, wenn man etwas Saures ist. Säuren haben eine positive Wirkung auf die menschliche Verdauung, weshalb sie oft in Mahlzeiten verwendet werden. Sauerbraten, Sauerkraut und süß-saure Soße kennen sicherlich alle. In Restaurants, auf Buffets oder auch zu Hause gibt es Salate, die mit Essig (sauer) und Öl angemacht sind. Oder es gibt auf belegten Broten sauer eingelegte Gürkchen. Die Palette der sauren oder säuerlichen Essen(sbestandteile) ist vielfältig. Und wie wir jetzt wissen, gesund und appetitanregend.

Ursprünglich sagte man dazu, man wird „esslustig“. Irgendwann ließ man den Zusammenhang mit dem Essen weg, weil ohnehin jeder wusste, was gemeint war. Im Laufe der Zeit verlor sich dieses Wissen jedoch und es blieb dieses etwas seltsame Sprichwort „sauer macht lustig“.

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Wörter und Worte: „Iss auf, dann wird morgen schönes Wetter!“

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Welches Kind musste nicht schon diesen Satz hören, wenn es eigentlich satt war oder keine Lust mehr auf das Essen hatte und nur noch darin herumstocherte? – Zugegeben, mir war das Wetter egal, ich wollte aufhören dürfen zu essen!

Und überhaupt: Was hatte das Wetter mit dem Essen zu tun? Und was war, wenn ich aufgegessen hatte, meine Schwester neben mir aber nicht? – Wetterchaos?

Die Erklärung ist ziemlich einfach und beruht auf einem Verständnisfehler.

Der Originalsatz stammt aus dem Plattdeutschen und lautet: „Et dien Töller leddig, dann givt dat morgen goods wedder!“ – „Iss deinen Teller leer, dann gibt es morgen Gutes wieder (wieder etwas Gutes)!“ Also wenn man nicht aufgegessen hatte, bekam man am nächsten Tag den Rest nochmals vorgesetzt. Anderenfalls wurde neu gekocht – „etwas Gutes“.

Für jemand Fremdes, der kein Plattdeutsch versteht, hörte sich das sehr stark nach „Wetter“ an! Und so nahm irgend jemand diese vermeintliche Weisheit mit nach Hause und verbreitete sie dort. In der Folge wurde Kindern eingeredet, sie könnten das Wetter beeinflussen.

Heute sieht man das zum Glück etwas anders und vorzeitig satt zu sein, ist nicht mehr schlimm. Stattdessen ist es ein Kompliment für den Koch, wenn der Teller leer gegessen wurde, denn dann hat es offensichtlich geschmeckt.

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Wörter und Worte: „Das passt auf keine Kuhhaut“

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Wahrscheinlich hat diesen Spruch jeder von euch schonmal gehört, wenn es darum ging, dass etwas Unglaubliches passiert ist. Eine Begebenheit, die so verworren und verwoben ist, dass sie sich kaum erzählen lässt. Oder jemand tut wiederholt etwas, das er eigentlich nicht soll. Letztens habe ich in einem Beitrag selbst davon gesprochen, dass meine Arztgeschichte auf keine Kuhhaut passt.

Aber wie kommt man eigentlich zu so einer Formulierung? Was hat die arme Kuh mit ihrer Haut damit zu tun?

Irgendwann in grauer Vorzeit, als das Papier noch nicht erfunden oder noch nicht für’s einfache Volk zu haben war, hat man auf Pergament geschrieben. Pergament sind speziell behandelte Häute von zumeist Ziegen, Schafen oder Lämmern. Kühe waren nicht dabei, solche großen Häute (ca. 6 Quadratmeter) wären auch zu unhandlich gewesen.

Aber hier kommt – der damaligen Zeit gemäß – der Teufel ins Spiel. Man glaubte, dass der Teufel für jeden Menschen eine Liste führen würde, auf der alle Sünden aufgeschrieben seien. Bei sehr bösen Menschen brauchte er auch sehr viel Platz, deshalb musste die Haut so groß wie möglich sein und das war – damals unglaublich groß – die Kuhhaut. Es war kaum vorstellbar, dass jemand so viele Sünden begehen konnte, dass die nicht da drauf passten. Das war einfach unerhört!

Diese Bedeutung hat sich bis heute erhalten, obwohl dabei wahrscheinlich niemand mehr an den Teufel denkt.


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