Die totale Entspannung

Nachdem ich nun akzeptiert habe, dass ich „nicht normal“ bin bzw. sein kann, geht es mir gleich mal viel besser. Meine Psychotherapie schließe ich demnächst offiziell ab, aber eigentlich sind wir schon fertig. Die Kindheitstraumata durch die Lieblosigkeit der Eltern, speziell der Mutter, die Konkurrenz mit der Schwester, die dadurch folgenden Probleme – durchleuchtet und besprochen.

Trotzdem blieb eine große Frage im Raum: Warum fühle ich mich immer so anders als andere? Diese Frage konnte mir die Therapeutin nicht beantworten. Sie ist spezialisiert auf Traumata durch schwere Erkrankungen und die sogenannte „Schwarze Pädagogik“. Hat ja auch gepasst. Und ich glaube, die Arbeit daran und das Verarbeiten hat mir erst die Möglichkeit geschaffen, mich dem eigentlichen Thema zuzuwenden und das verkraften zu können.

Die Antwort auf die große Frage lautet: Neurodivergenz. Es gibt neurotypische Menschen – ich würde mal sagen, die große Masse gehört dazu. Und dann gibt es noch die, die irgendwie anders ticken. Die manchmal „komisch“ zu sein scheinen, die so direkt sind, dass es schon unhöflich ist, die vergesslich sind, unpünktlich, laut, hibbelig, zurückgezogen, schnell gereizt oder überreizt. Das sind die, die mit den typischen Lebensweisen nicht klar kommen. Und dazu gehöre ich.

Meine großen Themen sind ADS (hyperaktiv bin ich nicht, aber ich habe eine Aufmerksamkeitsstörung), Hypersensibilität und Autismus. Diese drei widersprechen sich öfter mal, was mein Leben in einer neurotypischen Welt zu einem Kampf macht.

Ich habe mich jetzt ausgeklinkt. Wenn ich müde bin, schlafe ich. Wenn ich Hunger habe, esse ich. Alles andere rankt sich drumrum. Manchmal weiß ich nicht, welchen Tag oder welches Datum wir haben. Manchmal schlafe ich mit kleinen Unterbrechungen zehn, zwölf Stunden, um 6 Stunden später wieder müde zu sein. Aber… so ist es gut. Ich brauche gerade ganz viel Ruhe und vor allem Schlaf. Ich muss verarbeiten. 52 Jahre meines Lebens habe ich versucht, ein neurotypisches Leben zu leben. Mich gezwungen, mich einem Rhythmus anzupassen, der nicht meiner ist. Jetzt ist damit Schluss. Jetzt gebe ich mir die Chance, meinen Rhytmus zu finden. MICH zu finden. So, dass ich meinen drei großen Themen gerecht werde, aber auch das Leben an sich bewältigen kann.

Vielleicht erstelle ich einen extra Themenblog über mein Leben mit der Neurodiversität. Mal gucken. Viele Projekte zu haben, gehört zum ADS dazu. Leider auch, sie nicht immer zum Ende zu bringen oder regelmäßig zu verfolgen. Ihr erlebt es ja schon hier.

Liebe Grüße

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AD(H)S

Mein diesjähriges Weihnachtsgeschenk für mich ist der Termin zur Diagnose im März. Da kamen ein paar tolle Zufälle zusammen und ich bin so froh, dass ich mir diesen Termin so schnell und kurzfristig schenken konnte!

Was es damit auf sich hat und warum schon allein die Erkenntnis, an ADS zu leiden, so wichtig für mich ist, dazu schreibe ich was, wenn ich alles im Kopf sortiert habe.

Aber heute ist Weihnachten, „Wiehnachts Hielich Ohmd“, wie einige meiner leider bereits verstorbenen Vorfahren sagen würden, und ich wünsche euch allen ein schönes, gemütliches Weihnachtsfest! Je nach Wunsch pompös oder ganz bescheiden – Hauptsache, ihr fühlt euch wohl in eurer Haut und findet innere Ruhe.

Liebe Grüße an alle hier!

Lebenszeichen

Ganz lange war ich jetzt nicht hier aktiv, aber ich wusste nicht, zu welchem Zeitpunkt ich hätte schreiben sollen. Alles war ständig im Fluss.

Ich überlege, ob ich diesen Beitrag lieber mit einem Passwort schützen soll, weil viel auch mit E. zu tun hat. Aber ich schreibe einfach von ihm nichts weiter, außer dass es psychisch nicht leicht für uns beide ist und war. Wir haben aber ein sehr gutes Verhältnis zueinander und reden viel, das hilft! Das zu diesem Thema.

Meine Psychotherapie neigt sich dem Ende zu. Eine Abschiedssitzung gibt es noch, denn für eine Verlängerung gibt es keinen Grund. Wir haben meine schwere Erkrankung und die damit verbundenen Traumata bearbeitet, Belastungen aus der Kindheit und wie ich mit dem Heute um gehen kann. Mein Gleichgewicht wird durch ein Medikament stabilisiert, das mir hilft, offen und unbeschwerter in die Welt zu sehen.

Nun sind da neue Themen aufgetaucht, in denen ich mich wiederfinde. Neurodivergenz, Ambivalenz, Autismus, ADS (absichtlich ohne H), Nichtbinärität. Plötzlich haben viele Fragen in meinem Kopf eine Antwort und mein ICH bekommt Namen – die nichts mit „Alien“ zu tun haben, wie ich es früher immer nannte. Von dem allen spielt da etwas rein, je nachdem um welches Thema/welche Erinnerung es gerade geht. Das ist sooo befreiend für mich, dieses „Ich bin so, weil… und ich muss gar nicht anders sein.“ Endlich fühle ich es richtig, dass nicht ich unfähig war, mich anzupassen und Erwartungen zu erfüllen, sondern dass andere unfähig waren, mich mit meinen Eigenheiten so zu nehmen, wie ich nur sein kann, nämlich so, wie ich einfach bin. E. hat es schön zusammengefasst: „Ich wusste schon immer, dass du ein besonderes Schatzi bist.“

Jetzt, wo das mal geklärt ist, finde ich hoffentlich auch wieder das Vertrauen und die Lust, hier zu schreiben. Wenn mich auch das Internet ganz schön quält mit der Besserwisserei, den Belehrungen und dem „So muss man sein“. Vielleicht versehe ich tatsächlich einige Beiträge mit einem Passwort, wenn es zu sehr ins Eingemachte geht, mal sehen.

Ich freue mich jedenfalls sehr, dass mich nicht alle vergessen und deabonniert haben in der Zeit meiner Selbstfindung, und mir die nötige Zeit gegeben haben. Ich wünsche allen Lesern hier eine gute Woche!