Zu viel

Ich muss eine Pause machen. Eine Pause von den sozialen Medien, von den Nachrichten, von Gesprächen mit bestimmten Menschen – eine Pause von Corona.

Der Punkt ist da, an dem ich schlichtweg Angst habe und ständig in mich rein horche. Wenn es mir – wie heute – gesundheitlich nicht so gut geht (Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, ab und zu Stechen in der Brust), fallen mir all meine „Sünden“ ein. War es nicht etwas voll, als wir letztens eingekauft haben? Beim Gespräch mit dem Obdachlosen hatte ich keine Maske auf, standen wir nicht etwas dicht beisammen? Der Bekannte letztens, der war auch sehr nah und wir beide ohne Maske – welche Kontakte hat der, trägt der vielleicht Viren mit sich rum? Ich kann die immer vorhandene Allergie nicht mehr von Coronasymptomen unterscheiden und jedes Kratzen im Hals oder Hüsteln macht mich unruhig. Ängstlich. Besorgt.

Ich weiß nicht, wie gut ich geschützt bin. Ich möchte mich nicht infizieren, auch nicht mit drei Impfungen (bei denen ich noch nicht weiß, ob sie was gebracht haben). Da ich eh schon immer „hier“ schreie, bin ich überzeugt davon, dass eine Infektion bei mir nicht einfach so vorbei geht.

Die ganzen Impfaufrufe überall machen mir deutlich, wieviele eigentlich noch nicht geimpft und eine Gefahr für mich sind. Die Berichte über nicht vorhandene Intensivkapazitäten, die steigenden Zahlen Infizierter, die trotzdem angekündigten Weihnachtsmärkte – für mich ist das alles Wahnsinn! Ich muss zu meinem eigenen Schutz Scheuklappen aufsetzen und mich für eine Weile zurückziehen. Ich halte es im Moment nicht mehr aus.

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Gemischte Gefühle

Vor 3 Tagen ist eine alte Bekannte von mir gestorben. Wir hatten in den letzten Jahren keinen Kontakt mehr, aber über frühere gemeinsame Freunde, die heute noch Bekannte sind, habe ich es erfahren.

Die Bekannte hatte wohl Asthma und Angst vor den Nebenwirkungen der Impfung gegen Covid-19. Auch hat sie Menschen geglaubt, die meinten, man bräuchte keine Masken und Impfungen. Vielleicht zum eigenen Schutz.

Wie dem auch sei: Sie hat sich infiziert, wurde positiv getestet und hat nach diesem Ergebnis nur noch knapp einen Monat gelebt, zuletzt im Koma.

Während ich das noch verdauen muss, nehme ich heute meinen Termin bei der Nierenkontrolle wahr. Wie immer: Blut abnehmen, Blutdruck messen, Arztgespräch. Sagt der Arzt nach der Begrüßung: „Ich habe ein Angebot für Sie. Eine dritte Impfung. Wollen Sie?“ Ich stimme ohne zu Überlegen zu. Meine Antikörper sind nur gering, was meine T-Zellen nach den ersten beiden Impfungen machen, weiß keiner. Ich möchte auf Nummer sicher gehen. Keine 5 Minuten später ist die Spritze drin, diesmal mit einem anderen Wirkstoff (von Moderna, vorher hatte ich den von Biontech).

So kann es gehen. Ich bin froh, dass meine Krankheiten (einerseits die mit den Nieren und dem herabgesetzten Immunsystem und andererseits die Angststörung) mir die Wahl „impfen oder nicht“ quasi abgenommen haben. Mir tut die Bekannte leid, die ihr Dilemma letztlich mit dem Leben bezahlen musste.

Zwischenstand

Endlich scheinen sie weg zu sein, die Auswirkungen meiner ersten Impfung. Mein Immunsystem hat sich kräftig gewehrt und mir ging es nicht gut. Das Allgemeinbefinden war grottig, der Blutdruck ging rauf und runter, meine ohnehin schon vorhandenen Schlafstörungen wurden noch schlimmer, ich war dauernd müde und hatte außer morgens gar keinen Appetit und Hunger (im Gegenteil, wenn ich ab dem Nachmittag noch was aß, wurde mir übel).

Heute ist der erste Tag, an dem ich mich wieder wohl fühle.

Ich habe die Zeit genutzt, um in meiner Seele etwas aufzuräumen. Da ruhten noch Altlasten, die ich nicht mehr auf dem Schirm hatte – vielleicht schreibe ich zu gegebener Zeit noch was dazu. Wenn es einem schlecht geht, bricht sowas hervor, so geht mir das öfter. Als würde das grottige Gefühl noch ein i-Tüpfelchen brauchen. Jedenfalls hoffe ich, dass ich irgendwas machen kann, damit es mir in dieser Hinsicht wieder besser geht. Meine beiden besten verstorbenen Freundinnen kann ich ja leider nicht wieder lebendig machen… Nachdem bei mir der vertraute Wohnort, der Freundes- und Bekanntenkreis, der Beruf und auch die Haustiere weggefallen sind, habe ich mich zu sehr durch meine Krankheit definiert. Das scheint mir ziemlich doof, ich bin doch mehr als nur krank! Über die zukünftigen (alten?) Inhalte muss ich mir aber erst noch klar werden.

Außerdem versuche ich gerade, meine Prokrastination (Aufschieberitis) zu bekämpfen. Vor allem abends/nachts merke ich sie ganz schlimm, nennt sich „revenge bedtime procrastination“, die dann zu Schlafstörungen führt. Freilich geht das nur, wenn die Depression nicht gerade das Heft in der Hand hat – es gilt, beides zu unterscheiden. Aber dabei weiß ich wenigstens, was ich machen muss.

Bei solchen Erkenntnissen wie jetzt, die zusammen mit meinem Besserungsgefühl wie ein Aufwachen sind, hätte ich gerne sofort mit meiner Psychotherapeutin gesprochen, aber bis zum nächsten Termin dauert es noch zwei Wochen. Vielleicht zeige ich ihr einfach diesen Blogbeitrag, wenn es soweit ist, und dann wärmen wir das nochmal auf.

Euch wünsche ich alles Gute. Ich bin froh, dass ihr hier seid!
Eure Hoffende

Ratlos und geschmacklos

Da schickt mein Schwiegervater ein Schwurbelvideo an E., in dem es um Corona und die Impfungen, um die Weltherrschaft, die Dezimierung der Bevölkerung geht. Und dass Geimpfte in Zukunft eine große Gefahr für die ganze Menschheit seien.

Wir haben uns erstmal nur ratlos angeguckt.

Dann habe ich gesehen, dass ich das Video auch bekommen habe.

WAS will mein Schwiegervater mir damit sagen? Dass ich als Geimpfte nun gefährlich für ihn bin und mich nicht mehr blicken lassen brauche? Dass ich jetzt was in mir drin habe, dass TOTAL schädlich ist? Dass die Impfung ein großer Fehler war?

Ich glaube, ich rufe erstmal nicht mehr dort an. Mir kommentarlos so ein Angst machendes und Gräben ziehendes Video zu schicken, ist, um es harmlos auszudrücken, mal richtig geschmacklos.