Nierenklinik

Am Dienstag hatte ich das „Vergnügen“, zur Jahresuntersuchung meiner transplantierten Niere zu dürfen. Normalerweise ist das mit Blutabnehmen und Arztgespräch, eventuell Ultraschall, schnell erledigt. D.h. das könnte es sein, denn bis jetzt war es das nie.

Der Tag begann nach einer fast schlaflosen Nacht (die üblichen Schlafstörungen) schon sehr früh. Die Ambulanz in der Klinik öffnet 7.30 Uhr, feste Termine gibt es nicht, aber bis 9 Uhr muss das Blut abgenommen sein, wegen der Medikamenteneinnahme (die Blutabnahme muss vorher erfolgen). Wir (E. und ich) fuhren 6.50 Uhr los, das sollte reichen. Dachten wir. Allerdings gab es da nach 5 Jahren noch immer diese eine Baustelle, die jegliches Pünktlichkommen in Frage stellte. Statt 45 Minuten dauerte die Fahrt mehr als doppelt so lang. Wir kamen erst 8.30 Uhr an.

Aufgrund der Corona-Regelungen musste E. wieder heim fahren, denn obwohl er doppelt geimpft ist, durfte er nicht in die Klinik.

Ich kam dann so flott zum Blutabnehmen dran, dass ich ihn schon wieder zurückrufen wollte, was ich zum Glück bleiben ließ. Das Blut wollte nicht fließen, weshalb das etwas länger dauerte, da ich nicht mehr so tolle Adern habe. Punkt 9 Uhr war ich dort fertig.

Und dann… Passierte nichts. Die Stühle waren unbequem und hart, mein Bein fing bald an zu schmerzen. Ich lief mal rum, stellte mich irgendwohin, wurde komisch angeguckt. Hin und wieder wurde mal jemand aufgerufen. Blutabnehmen, Ultraschall… Und endlich, 10 Uhr, dann auch zum Arztgespräch. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern! Dachte ich. Sollte ich E. nun anrufen oder nicht?

Ich sah in die müden Augen der anderen Patienten, die stumpfsinnig vor sich hin starrten. Gerne wäre ich mal paar Schritte draußen gelaufen, aber dort hätte ich die Ansagen nicht gehört. Also guckte ich ebenso leer vor mich hin. Es gab nichts, was Abwechslung verschafft hätte – außer den wenigen Personen, die ins Gebäude kamen oder wieder gingen. Keine Zeitungen, keine Getränke (früher konnte man das „Getränk holen“ etwas zelebrieren und sich damit beschäftigen). In so einer Atmosphäre macht das Lesen oder Spielen auf dem Tablet irgendwann keinen Spaß mehr. Mir ging die letzte Energie flöten.

Irgendwann wurde ich ungehalten, was blöd war, weil es an der Situation nichts änderte und noch mehr Energie forderte. Ich schloss mich einer Dame an, die sich an der Anmeldung beschweren ging. Man sagte ihr, dass nur der eine Arzt da wäre und sooo viele Patienten hätte. Sie regte sich auf, ich pflichtete ihr bei und nun waren wir Verbündete.

Irgendwann kam sie dran. Und dann ich. Halb zwölf. Völlig übermüdet, interesselos und gestresst. E. war schon wieder da und wartete seit einer dreiviertel Stunde im Auto.

Zum Glück war der Arzt nett. Er war sehr interessiert an der Hüftkopfnekrose und sprach mir zwei Empfehlungen aus, wo ich das operieren lassen könnte, wenn es nötig werden würde. Er hatte eigene Erfahrungen, nämlich selbst ein künstliches Hüftgelenk. Den Bericht vom MRT, den ich in meiner Nierenpraxis vorgelegt hatte, fand er nicht im PC. Er fand GAR keinen Bericht meiner sämtlichen Untersuchungen der letzten fünf Jahre in seinem PC! Mir fehlten die Worte, aber wir vereinbarten dann, dass ich die relevanten Berichte per Brief schicken werde. Den vom MRT hatte ich wohlweislich kopiert und ihm zur Verfügung gestellt. „Damit eröffne ich Ihre Sammlung!“ lachte er. Was anderes blieb mir auch nicht übrig, keine Kraft mehr zum Ärgern.

Wie geplant teilte ich ihm mit, dass ich den nächsten Termin dort erst vereinbare, wenn sich die Coronalage wieder normalisiert hat. 40 Kilometer einfachen Weg letztlich 4-mal an einem Tag fahren zu müssen, ist von allen Seiten betrachtet doof. Und ich hätte immer gerne noch zwei Ohren und ein Gehirn mehr bei solchen Arztgesprächen, weil ich so schnell alles vergesse, was gesagt worden ist. Der Arzt hat das verstanden und so soll ich das machen. Prima!

11.50 Uhr verließ ich das Gebäude. Aufgrund eines schweren Unfalls auf der Autobahn mussten wir einen Umweg fahren und waren erst 13 Uhr wieder zu Hause.

Ich fiel völlig kaputt ins Bett, erwachte zwei Stunden später mit Kopfschmerzen, nahm eine Tablette, schlief noch zwei Stunden und wachte mit einem Migräneanfall auf, der sich gewaschen hatte. Bewegung fast nicht möglich, Übelkeit kurz vorm Erbrechen. Tja, das war dann der Rest vom Tag, die Nacht und in abgeschwächter Form auch noch Mittwoch vormittag. Mittwoch nachmittag und Abend hatte ich einen „Kater“. Erst am Donnerstag war ich wieder „klar“.

Migräne habe ich nur noch ganz selten. Unter anderem weil ich in meinem persönlichen Leben sehr darauf aufpasse, dass es nicht zu solchen eskalierenden Situationen kommt. Wenn ich mich in die Hände von anderen begebe, habe ich leider keinen Einfluss mehr auf das Geschehen. Unter anderem deshalb haben sich bei mir Ängste entwickelt und gewisse Reaktionen, gegen die ich scheinbar nichts tun kann. Meine Psychotherapeutin hat noch viel zu tun. Aber ich bin erstmal froh, dass ich diesen Termin hinter mir habe.

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5 Jahre

Heute vor 5 Jahren um diese Zeit war ich euphorisch, froh gestimmt, erwartungsvoll. Die Schmerzen hatten dank der starken Medikamente aufgehört und ich sah gespannt in die Zukunft. Vier Stunden waren vergangen, seit ich zum ersten Mal wieder die Augen geöffnet hatte.

In der Zeit zwischen 3 und 7 Uhr morgens hatte man mir eine Niere transplantiert.

Der Anruf kam abends 22.30 Uhr und weil ich erst kurz zuvor Blut abgegeben hatte, konnte man sich einige Voruntersuchungen sparen, für die meine Anwesenheit sonst nötig gewesen wäre. So ging alles verhältnismäßig schnell.

Leider dauerte es dann doch 3 Wochen, bis ich entlassen werden konnte, weil trotz aller vorherigen Arztbesuche und Checks ein Defekt im Darm nicht entdeckt wurde – bis ich nach der Transplantation im Krankenhaus lag. Fit war ich bei der Entlassung ganz und gar nicht und das erste Jahr war sehr, sehr schwer. Aber über das Danach (und vielleicht noch ein bisschen das Vorher) werde ich noch schreiben, irgendwann.

Heute zählt nur: 5 Jahre lang hat meine „neue“ Niere ihren Dienst getan und macht keine Anzeichen, dass sie daran etwas ändern will!

Diese 5 Jahre bedeuten für mich in erster Linie Freiheit von der Dialyse (hier und hier hatte ich davon erzählt) und damit endlich wieder weitestgehende Unabhängigkeit in der Tagesgestaltung. Das erwartete neue, „fast gesunde“ Leben nach der Transplantation bekam ich leider nicht. Aber meine Lebensqualität wurde besser als alles, was ich in den 20 Jahren zuvor hatte. Danke für diese Chance, liebe unbekannte Spenderin! Auf die nächsten 5 Jahre! 🙂

Geschafft!

Einmal im Jahr muss ich ins Transplantationszentrum, um mein „neues Nierchen“ überprüfen zu lassen. Heute war es wieder soweit.

Nach einem Megastau auf der Autobahn und dem üblichen Stau in der Stadt vor dem Klinikgelände kamen E. und ich mit ziemlicher Verspätung dort an. Zum Glück war es nur ein selbst gesetzter Termin, in der Ambulanz des Transplantationszentrums gibt es keine festen Termine. Aber die Zeit ist trotzdem futsch.

Das Blutabnehmen ging ganz schnell, ich saß kaum eine Minute im Wartebereich. Dafür dauerte es dann über eine Stunde, bis ich beim Ultraschall aufgerufen wurde. Und nochmal fast 1,5 Stunden, bis ich zum Arzt kam. So kann man richtig Zeit verschleudern und bei mir halt auch Energie, denn ich bin einfach nicht belastbar und die Rumsitzerei auf unbequemen Stühlen ist auf die Dauer ungeheuer anstrengend für mich. Außerdem steigt mit längerer Wartezeit die Aggression in mir, denn die Organisation des Ganzen ist dort einfach eine Katastrophe… Leider haben die fachlich was drauf, und das ist nunmal wichtig für eine gute Betreuung meiner Niere, weswegen ich lieber kein anderes Transplantationszentrum suche.

Zum Glück ist alles in Ordnung, der nächste Termin ist dann wieder in einem Jahr. Ich wäre echt dankbar, wenn die blöde Baustelle auf der Autobahn dann endlich mal fertig wäre! Am Rest wird sich wohl nicht allzuviel ändern…

Heute geht es mir trotz allem nach einem ausgiebigen Nachmittagsschlaf ganz gut – hoffentlich auch morgen noch. Das dicke Ende kam schon oft zum Schluss, aber vielleicht konnte auch hier meine Psychotherapie etwas bewirken und das Ende ist nicht mehr dick.

3 Jahre

So lange sind wir heute zusammen.

Gestern abend vor 3 Jahren um ca. 21.30 Uhr erhielt ich den Anruf, auf den jeder wartet, der ein Organ benötigt.
Heute morgen vor 3 Jahren um 3 Uhr sah ich ein letztes Mal vor der OP auf die Uhr.
Heute mittag um 13 Uhr sah ich zum ersten Mal wieder auf die Uhr.
Ich erwachte mit großen Schmerzen, aber als die gelindert waren, wurde mir bewusst: „Jetzt ist sie ein Teil von mir!“

Meine Niere Heidi. 🙂

Ihr seht hier einen Ultraschall, der links die transplantierte Niere zeigt. Am besten ist, man konzentriert sich nur auf die Umrisse. Im Inneren der Niere befindet sich viel „Gekrösel“, das macht die Aufnahme etwas undurchschaubar.

Das Dunkle rechts daneben ist eine der Komplikationen, die bei solchen Transplantationen möglich sind, eine sogenannte Lymphozele. Also eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit, die mir zum Glück keinen Ärger bereitet. Also kann sie bleiben.

Heidi und ich haben schwierige Zeiten durch und erst jetzt, nach diesen 3 Jahren, pendeln sich die Blutwerte langsam ein. Meine Psyche hat von der Nierenerkrankung an sich, aber nach der Transplantation auch vom Umgang mit den Ärzten bzw. der Ärzte mit mir, einigen Schaden davongetragen. Ich arbeite daran, diesen zu „reparieren“.

Meiner Spenderin bzw. ihrer Familie zolle ich großen Respekt für ihre Entscheidung, ihre Organe für jemanden wie mich zu spenden. Diese Einstellung entspricht absolut meiner eigenen!
Die Lebensqualität ohne Dialyse ist eine wesentlich höhere und das genieße ich sehr!

Bauchschmerzen

Die letzten Tage ging es los und nahm zu, zunächst abends. Immer, wenn ich gegessen hatte, litt ich an einem starken Völlegefühl. Im Magen und in den Därmen rumorte es.
Nachdem Bauchschmerzen in der Packungsbeilage von meinem neuen Blutdruckmedikament aufgeführt wurden, habe ich es gestern abend 3 Stunden später genommen, aber auch nur wenig gegessen. Nix war. Erst nach der Einnahme ging es wieder los. Magenkneifen und Geblubber und Geziepe im Darm.

Ich war schon erleichtert. Heute hab‘ ich keins mehr genommen. Trotzdem habe ich nach dem Abendessen Magenschmerzen. Mist!

Prompt meldet sich eine neue Angst, denn mein CMV (ein Virus, den fast jeder hat, aber bei mir verrückt spielt) ist nicht unter Kontrolle. Ggf. müsste ich ins Krankenhaus und Infusionen bekommen, damit er wieder niedergeknüppelt wird. Das Medikament vom letzten Mal ist verbrannt (Resistenz), ich müsste ein weniger gut verträgliches bekommen. Meine Amygdala bläst die ganze Zeit Alarm, ich bin ständig auf der Suche nach Ablenkung. Hoffentlich hören die Beschwerden bald auf…

Morgen habe ich einen Termin für die Psychotherapie. Das hilft mir hoffentlich über’s Wochenende.

Mittwoch kommende Woche habe ich einen Termin beim Nephrologen. Am Freitag danach erfahre ich den Wert vom CMV und ob er schuld ist oder war oder nicht.

„Nach der Transplantation können Sie wieder ein fast ganz normales Leben führen.“
(Aussage verschiedener Ärzte im Vorfeld meiner Nierentransplantation)

Normal sieht für mich anders aus.